📣Was hat dich dazu bewegt, Zukunftsforschung zu studieren, und welche Schwerpunkte hast du in deinem Studium verfolgt?

Für mich war nach meinem Bachelorstudium und einigen Jahren in der Kommunikationsbranche klar, dass ich meine Arbeitszeit stärker mit etwas Sinnvollem verbringen wollte. Also begab ich mich auf die Suche nach einem universitären Master, der mir ein so breites Feld bietet, dass ich meinen Interessen nachgehen kann, gleichzeitig aber auch einen Weg vorwärts bereitet, indem er mir neue Möglichkeiten für meine Karriere eröffnet. Mit der Zukunftsforschung an der FU habe ich genau das gefunden und bin mit 29 wieder zum Studenten geworden. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.

Im Studium selbst habe ich dann einige Schwerpunkte gesetzt. Da meine Studienzeit an der FU in die globale SARS-CoV-2-Pandemie fiel, hatten wir den Luxus, Vorlesungen digital zu besuchen. Das hatte selbstverständlich Vor- und Nachteile: So konnte ich fast alle Kurse, die der Studiengang bietet, belegen und habe meinen Schwerpunkt im Feld Gesellschaft, Technologie und Politik gehabt. Zu den Nachteilen gehörte natürlich ein stark eingeschränktes Studierendenleben und weniger persönliche Begegnungen.

Mich persönlich überraschte, dass ich mich auch stark für die linguistischen und narrativen Aspekte und Methoden der Zukunftsforschung interessierte und dafür Feuer und Flamme war.

Ansonsten habe ich meine Masterarbeit im Feld der Neuropsychologie geschrieben – also wie der Mensch Zukünfte denkt, wie sie neurowissenschaftlich und -anatomisch entstehen und was wir daraus für das Thema Zukunftsbilder lernen können. Und dieses Thema beschäftigt mich auch nach Abschluss des Masters immer noch sehr!

📣 An welchen Themen und mit welchen Methoden (aus Zukunftsforschung) arbeitest du in deiner aktuellen Position?

Ich arbeite zurzeit in einer in-house Strategieberatung im öffentlichen Sektor und darf mal mehr, mal weniger Methoden der Zukunftsforschung anwenden. Was ich täglich einbringe ist natürlich das Mindset, dass Zukünfte etwas Gestaltbares sind und „die Zukunft“ nicht einfach auf uns zukommt. Methodisch geht es dann oft um partizipative Methoden, aber auch strategische Vorausschau und Szenariotechniken. Ich sehe es jedoch auch als meine Aufgabe, immer wieder den Methodenkanon anzubieten und ggf. anzupassen, sodass es auf die Zielsetzung der jeweiligen Aufgabe passt und wir sinnvolles Orientierungswissen generieren. Was ich merke ist, dass die Leute dafür immer offen sind und sich sehr interessiert zeigen. Zukünfte sind ja schließlich für uns alle da und wollen gestaltet werden!

📣 Was machst du gerne, wenn du nicht an Zukünften arbeitest?

Ich denke, es ist wichtig, mit den Gedanken nicht immer in Zukünften – oder auch Vergangenheiten – zu sein, da man sonst vielleicht angsterfüllt, depressiv oder nostalgisch werden kann. Deswegen sind Ablenkungen, Hobbys und wunderbarer Müßiggang ungeheuer wichtig. Zu meinen derlei Aktivitäten zählen Dinge wie Reisen, Sprachen lernen, lesen, Video- und Brettspiele spielen, Meditationen oder Volleyball und Improvisationstheater spielen. Alles wunderbare Beschäftigungen, die mich oft ins Hier und Jetzt zurückziehen.

📣 Wann fängt für dich die Zukunft an?

Für mich fängt Zukunft morgen an. Für heute habe ich vielleicht bestimmte Pläne oder Verabredungen und für morgen sicher auch. Aber vielleicht lerne ich heute etwas über mich oder die Welt, was meine Vorhaben für morgen über den Haufen wirft und ich mich neu erfinden oder neu ausrichten muss. Und von da aus geht es weiter.

📣 Welche Zukunftsbilder hast du für die deutsche Zukunftsforschung vor Augen?

Für die deutsche Zukunftsforschung stelle ich mir das Zukunftsbild vor, dass die Zukunftsforscher:innen, die es heute gibt oder noch ausgebildet werden, stärker nachgefragt sind. Wir befinden uns ja bekanntlich in einer VUCA-Welt, in der umsichtiges und systematisches Orientierungswissen hoch im Kurs steht – und diese Nachfrage in meinen Augen nur weiter wachsen wird. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass man als Zukunftsforscher:in überall erst einmal auf offene Ohren und Augen stößt.

Was ich mir allerdings für die deutsche Zukunftsforschung wünschen würde ist, dass die in meiner Wahrnehmung starke Fragmentierung von der professionellen Zukunftsforschung angegangen wird und Menschen mit ebendiesem Hintergrund vielleicht auch öffentlichkeitswirksamer in Erscheinung treten. Wie großartig wäre es bspw., wenn wir Zukunftsforscher:innen als Abgeordnete im Bundestag oder in regionalen und lokalen Gremien oder Landtagen sitzen hätten?

📣 An welchen Projekten arbeitest du gerade?

Ich bin in meiner Position als Seniorberater derzeit oft mit Change Management beschäftigt, was für mich durchaus auch etwas mit Zukunftsforschung zu tun hat. In Workshops und Zusammenkünften hole ich die Teilnehmenden bspw. immer in der Einleitung derart ab, dass ich ihnen ihre Eigenwirksamkeit hinsichtlich ihrer persönlichen, aber auch ihrer berufsbezogenen Zukünfte vor Augen führe oder Konzepte wie Pfadabhängigkeiten oder Futures Literacy kurz erkläre. Meistens führt das zu tiefen Gesprächen im Nachhinein oder in den Pausen und ich versuche dann, mein Wissen der Zukunftsforschung – soweit gewünscht – zu teilen.

Im Allgemeinen möchte ich aber wieder stärker die Methoden der Zukunftsforschung nutzen und denke, dass dies bei einem meiner nächsten Projekte gut machbar sein wird. Zumindest möchte ich weiterhin für die Methoden der Zukunftsforschung stehen und sie immer als einen möglichen Erkenntnisweg oder Projektanteil in bedarfsgerechter Form mit auf den Verhandlungstisch bringen.

Engage & Learn, Alltag in der ZuFo, 29. Januar 2025

Bei Engage & Learn: Alltag in der ZuFo erwartet Euch ein Event, das Inspiration, Austausch und konkrete Impulse vereint.

Am 29. Januar 2025 lädt die Advanced Foresight Group euch ein, genau das zu entdecken! Akteure wie Ellery Studio, Foresight Solutions, Schaltzeit GmbH, Agents.Inc und Sudeco berichten von ihren Lernerfahrungen & Insights.

Gemeinsam wird den Fragen nachgegangen, wie wir uns aus Krisen befreien, Innovation in die Gesellschaft tragen und unser System grundlegend neu denken können. Wie gelingt Wandel ohne Angst, aber mit klaren Schnitten? Wie schaffen wir ein System, das resilient, kreativ und zukunftsorientiert ist?

Datum: 29. Januar 2025, 16:00 – 22:00 Uhr

Ellery Studio

Glogauer Straße 19, 10999 Berlin

Dark Horse, New Miteinander

Bist Du bereit, gemeinsam mit anderen Zukunftsbegeisterten und der Innovationsberatung Dark Horse wünschenswerte Zukünfte neu zu denken, ins Handeln zu kommen und so den positiven Wandel unserer Gesellschaft aktiv mitzugestalten?
In der Session #3 New Miteinander – geht es um die Politik und Gesellschaft, 30. Januar 2025:
Wie kann Bürgerbeteiligung im politischen Prozess tatsächlich wirksam werden? Wie kann Co-Creation für das Gemeinwohl aussehen? 

Anhand von Speculative-Design-Methoden werden neue Perspektiven auf die Arbeit öffentlicher Institutionen geschaffen und hoffentliich wird Gestaltungslust entfacht. Für 15€ seid Ihr dabei.

Hintergrundinfo: Das Berliner Unternehmen (Dark Horse GmbH) wurde von einer großen Gruppe Absolvent*innen der HPI School of Design Thinking gegründet. Die Beratung legt Wert auf interdisziplinäre Teams, agile Arbeitsweisen und nutzerzentrierte Innovationsprozesse.

Sonderausstellung „Zukünfte“, Grassi Museum, Leipzig   

Zukünfte – Material und Design von Morgen

Datum: 21.11.2024 – 24.08.2025

Die Ausstellung präsentiert Ansätze aus Kunst und Design, die symbiotische Beziehungen zwischen Menschen und nicht-menschlichen Organismen erforschen. Im Fokus stehen Materialien aus Kreislaufwirtschaft und Biofabrikation, die aus urbanen Reststoffen, biologischen Nebenströmen und lebenden Organismen wie Bakterien, Pilzen und Algen gewonnen werden. Ziel ist ein grundlegend veränderter Umgang mit der Umwelt, bei dem Lebewesen als Partner statt Ressourcen betrachtet werden – ein Paradigmenwechsel, der nicht nur alternative Zukunftsszenarien aufzeigt, sondern bereits heute praktizierte Lösungsansätze präsentiert.

DSSR

Die Konferenz Data Science & Social Research (DSSR) 2025, organisiert von der Società Italiana di Statistica, widmet sich der Integration moderner Data-Science-Methoden in die Sozialforschung. Der vorgestellte Beitrag erläutert, wie Machine-Learning-Ansätze, Netzwerkanalysen oder Text Mining soziale Phänomene präziser erfassen und neue Forschungsdesigns ermöglichen. Dabei werden auch ethische, rechtliche und methodische Herausforderungen adressiert. Interessierte Forschende, Studierende und Praktikerinnen an der Schnittstelle von Sozialwissenschaften und Statistik sind eingeladen, bis zum 31.12.2024 ihre Vorschläge einzureichen. Die Ausschreibung fragt auch explizit nach Zukunftsforschenden und Futuristen.

Die Teilnahme ist kostenpflichtig.

Buchrezension
The Future: A Very Short Introduction, Jennifer M. Gidley

Wenn Ihr gefragt werdet: “Welches eine Buch sollte ich lesen, um einen Einstieg in Zukunftsforschung und Foresight zu bekommen?” Was antwortet Ihr? 

Ich (Johannes) antworte gerne und ohne Bauchweh – selbst, wenn im Titel des Buches die Zukunft nur im Singular steht – mit: “The Future: A Very Short Introduction” von Jennifer M. Gidley. Dieses kleine und aus meiner Sicht sehr gute Büchlein, weil stark komprimiert, leicht erschließbar und dennoch weiterführend, hat für mich allerdings auch einen zusätzlich wichtigen Stellenwert. Denn es brachte mich auf mein Masterarbeitsthema “Integral Futures”. 

Solltet Ihr das Buch noch nicht kennen und einem Kauf noch skeptisch gegenüber stehen, hier gibt es eine kleine, open access Rezension auf Englisch.

Und mehr zum Buch findet Ihr hier.

Was sind Eure “Go-To”-Einführungsbücher, was Zukünfte betrifft? Schreibt es uns! 🤓

Wir gratulieren den frischgebackenen Absolvent:innen des Masterstudiengangs Zukunftsforschung! 

Jane Katharina Di Renzo stellte sich in ihrer Masterarbeit zentralen Herausforderungen, die durch den demographischen Wandel entstehen können. Sie fragt: Wie können politische Maßnahmen in Italien dazu beitragen, den demografischen Wandel zu bewältigen und welche langfristigen Konsequenzen könnten diese Maßnahmen bis zum Jahr 2055 haben?

Maria Osburg untersuchte in ihrer Masterarbeit, welche Rolle künstlich generierte Daten in medialen Dabatten rund um KI-gestützte Gesichtserkennung spielen. Im Sinne einer vorausschauenden Technikfolgenabschätzung hinterfragt sie mögliche und wünschbare Entwicklungen, welche die Verwendung von synthetischen Daten im Kontext von Gesichtserkennungstechnolgie mit sich bringen könnte.

iF-Schriftenreihe

Niclas Kollhoff analysiert in der aktuellen iF-Schriftenreihe, ob und wie zukunftsgestaltende Kompetenzen in den Berliner Rahmenlehrplänen verankert sind. Die Lektüre empfiehlt sich besonders für Menschen, die kritisieren, dass Schulen Kinder nicht genug auf „die“ Zukunft vorbereiten. Die Arbeit erweitert das Argumentationsspektrum, indem sie bestehende Defizite aber auch viele schon bestehende Anknüpfungspunkte hervorhebt.

Hier geht es zur iF-Schriftenreihe im Open Access. 

CLIMA UTOPYAS

Einzigartige Climate-Fiction-Geschichten, die eine utopische Gesellschaft im Jahr 2050 beschreiben. Ergänzt wurde der Band durch Visualisierungen von KI-Künstler:innen. Das Multi-Autoren-Buch ist ein globales Mosaik von Geschichten über eine Gesellschaft voller Hoffnung.

Hier geht’s zum kostenlosen E-Book, Hardcover gibt es auf Anfrage. 

Open Call: Futures Conference Finnland

Vom 10. bis 12. Juni 2025 dreht sich bei der Futures Conference 2025 in Turku, Finnland, alles um das Thema: „Futures of Technologies – Mutual Shaping of Socio-Technical Transformations“.

Die Konferenz bietet eine super Gelegenheit, in die Welt der akademischen Zukunftsforschung einzutauchen. Turku ist eine tolle Stadt. Es lohnt sich. Bis zum 31. Januar 2025 könnt Ihr Eure eigenen Projekte und Papers einreichen. Egal, ob Vortrag, Panel oder Workshop – zeigt, was Ihr drauf habt!

Schaut doch mal auf die offizielle Website für mehr Infos zu Programm, Themen und Teilnahme.

Open Call: Futures4Europe

Parallel zur bereits erwähnten Konferenz im Mai in Wien gibt es einen Call for Papers.
Deadline: 02.02.25

Mehr erfahrt Ihr hier.

Call for Papers und Workshop: Geschichte von Foresight in Post-1945 Europa

Ein Call for Papers für einen Workshop, der sich mit der Geschichte der Vorhersage in Europa nach 1945 befassen wird.

Organisation und Host: Universität Maastricht

Ort: Brüssel

Datum: 05.06.25 – 06.06.25 

Deadline: 17.01.2025

Job-Gesuch

Unterstützt Christoph Keller bei seiner Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung!

Christoph Keller sucht ab sofort eine Festanstellung im Bereich Zukunftsforschung / Vorausschau. Christoph hat langjährige Foresight-Erfahrung in den Bereichen Technologie, Innovation und Partizipation, in Beratung und Unternehmen. Besonders an ihm sind seine beachtlichen Erfolge bei der Verbindung von Foresight mit der tatsächlichen Umsetzung in Innovationen, Transformationsprojekte, neue Produkte, Geschäftsmodelle, Konzepte usw. Mit seiner Doppelqualifikation (MPhil Futures Studies / Diplom-Ingenieur) spannt er einen weiten Kompetenzbogen von qualitativer und quantitativer Foresight über Data-Science und Ingenieursmethodik bis zu Moderation und Serious-Play. Er freut sich über Hinweise aus Berlin und andernorts. Ihr erreicht ihn per Mail.